28.8.05

postkartenluft

Kaum betrete ich diese Stadt (Heidelberg, also immer noch fern von der Ostsee, und immer noch tritt keine Sehnsucht auf, höchstens, ein klein wenig nach Lubmin mit seiner Seebrücke und seinem langen, in einer sanften Kurve verlaufenden Strand, nach seinem Kieferwald), kaum also betrete ich diese Stadt inmitten der Hügel, bleibt mir die Luft weg. Nicht etwa wegen ihrer Postkartenschönheit, nein, sondern wegen ihres Kesselklimas, wegen der unsichtbaren Schadstoffe aus Ludwigshafen, aus PKWs, aus Reisebussen, aus Fabrikkaminen, der Atmen geht schwer, die Luft scheint zäh, ich japse bei jedem Schritt nach oben auf dem Weg zum Schloss.
Es geht mir wie den Leuten von der Ostsee, die, so sagen sie, glauben zu ersticken, wenn sie sich Frankfurt nähern, die sich nach dem Wind sehnen, und der frischen Seeluft, die er mit sich bringt.Das also könnte doch eine Sehnsucht für mich sein, aber es ist eine geteilte; ich mag den Wind und die herrliche Luft, aber ich mag ihre Temperatur nicht, so dass es mir schwerfällt, mich danach zu sehnen; aber dennoch: Wie schön, tief atmen zu können. Ohne Japsen, ohne Herzklopfen, ohne Not.
Aber man gewöhnt sich an alles. Auch an die schlechte Luft von Heidelberg. Die, spätestens wenn man oben im Schlosspark steht und in die Ferne zu den Pfälzer Bergen sieht, so schlecht nicht mehr ist. Da oben kann man atmen, da kann man die Schönheit sehen, da kann man unter alten Bäumen gehen oder auf einer ihrer mächtigen Astgabeln sitzen, die dicht über dem Boden aus dem Stamm wachsen und schon lange selbst zu Stämmen geworden sind.Bis zu den Bergen sieht man allerdings nur an ganz besonderen Tagen, das sei zugegeben, die meiste Zeit über blickt man in milchigen Dunst.So dass es doch angebracht wäre, nach den fernen Ostseeufern sich zu sehnen. Allein, das Herz will nicht.

19.8.05

Ohne Geld kein Internet

Zwar ferne von der Ostsee, in Raum Zeit und Wetter .... aber das Internet ist überall. Und nicht nur ich denke über den Zusammenhang zwischen Internet und Geld nach.
58 Prozent der Deutschen haben einen Internet-Zugang, heißt es. Die sozialen Gräben werden tiefer, viele liegen sogar drin, und die simple Wahrheit ist die: "Ohne Geld kein Internet" schreibt auch die Netzeitung.
Von ISDN, DSL, UMTS etc. ganz zu schweigen. Obwohl die meisten Netizens das Gegenteil behaupten, schleichen immer noch viele Schnecken gleich mit Modems ins Internet. Da lässt man’s manchmal lieber. Wer will schon ne Schnecke sein.
(VOM BLOGGEN noch viel mehr zu schweigen: mit dem Modem in sein eigenes Blog kommen zu wollen gleicht einem langwierigen Hindernisparcours.)
Festgestellt wurde jedenfalls: " ... hatten im Jahr 2004 drei Viertel aller Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen über 3000 Euro einen Internetanschluss. Unterhalb der Grenze von 1000 Euro waren es jedoch nur knapp 30 Prozent."
Tja. Und ohne Bildung ist natürlich auch nix los.
http://www.netzeitung.de/internet/338364.html

3.8.05

das lächeln der tiefseefische

wer wissen will, wie das gefühl, in meckpomm zu leben, so ist, der betrachte
"das lächeln der südseefische".
etwas langatmig, etwas merkwürdig, dennoch: ein guter film.
trifft das pommern voll auf den kopf

pommersch

ein echtes pommersches ostsee-blog ist das hier, erst mal gemütlich schreiben, dann ganz mit der ruhe liegen lassen und dann ohne überstürzung ins netz wandern lassen - wenn der verteilerkasten grade mal ganz mit der ruhe funktioniert.
pommernzeit ist so ungefähr das gegenteil von netzzeit.

also man immer mit der ruhe und eines muss gesagt sein: ein nichtpommer friert hier auch im sommer.
sofern man das hier als sommer bezeichnen kann.

in der not

auch das: gepostet höllenwochen später:
in der not trägt der teufel aldiletten, und wenn er noch stärker in not gerät, dann schläft er auf einer lidl-roll-matratze, damit er sich auch auf erden wie in der hölle fühlt

Netz oder nicht Netz

auch geschrieben irgendwann im juli, völlig sinnlos ohne netz, gepostet im august


Netz oder nicht Netz. Da ist vom Gelde zu reden,vom realen. Wer nur einen Analog-Anschluss vermag, wer nur ein Modem, besitzt, der
jetzt der Regen
gleitet langsam und still aus dem Netz, der lebt bald außerhalb der Netzgemeinschaft, den holt die Realität aus der Virtualität,
..... draußen die Tropfen
da wird das Internet Illusion, da wird weder produziert noch rezipiert
.... da will auch der Provider Geld
ich schreibe zwar noch doch für wen?
warte auf die Gelegenheit eines Netzsprungs
genieße das Glück wenigstens des Rechnerhabens
verwünsche die sozialen Barrieren
sehe und sehe wieder einmal sehe ich:
das Netz für jeder-mann-frau-kind und jederzeit ist ein schönes Märchen
.... die virtuelle Existenz hat ihre Wurzeln im Realen
die Realität erleben wir in Bruchstücken
... manche gibt’s umsonst, viele müssen wir bezahlen
Bruchexistenzen
viele

Wochen später

geschrieben im juli - kein netzanschluss - gepostet im august

Ich will nicht verschweigen, dass auch hier ein paar Tage lang so etwas wie Sommer stattfand, dass warmer Sommerwind wehte, dass Sommerkleider flatterten, dass das Boddenwasser angenehm warm war und der Sand mittags heiß, dass die Luft glasklar dabei war und abends das Licht traumhaft, dass die Abende nicht enden wollten und die Nächte kurz und warm waren ebenfalls – jetzt aber scheint der Herbst angebrochen, der kalte Wind weht Staub und trockene Blätter durch die Straßen, der Himmel ist grau.
Der Mond ist so rund und groß und hell und nah, wie man ihn in den Städten niemals sieht, Wolken jagen über den Himmel, bald verbergen sie ihn, bald geben sie sein Licht frei,
und grade schaut der ziegenbärtige Nachbar wieder aus dem Fenster, direkt in meines hinein, zum Glück scheint keine Sonne, so dass er nicht das Bedürfnis verspürt, seinen tätowierten Körper auf dem Fenstersims bräunen zu lassen, der vielleicht vier oder fünf Meter entfernt ist, daher Einzelheiten zu erkennen, die ich gar nicht erkennen will, ich stehe nicht auf tätowierte Körperteile,
wo war ich, beim Vollmond, bei den jagenden Wolken, beim Herbst. Jagende Wolken auch jetzt am Tag, schwarze Wolkenwände vom Meer her, die Straßen leer, auf dem Marktplatz die aufgebaute Bühne leer, die Stuhlreihen leer, das für heute abend angekündigte Tanztheater wird mit 60prozentiger Wahrscheinlichkeit wolkenbruchartig enden.
Stille, auch im Telefon, die Leitung marode, jedes Wochenende: Stille. Kein Netz die meiste Zeit über.