15.6.12

Atos zum Dritten

Das Atos Trio (Lukas Acuña, Goncalo de Almeida, Wieland Möller)  nochmals zugelegt seit dem letzten Jahr. Mehr Dynamik und mehr Power, und zugleich moch mehr Differenziertheit. Lucas Acuña und Goncalo de Almeida (bass) spielen seit 2003 zusammen, seit sieben Jahren spielen sie gemeinsam mit Wieland Möller.  Die Mischung aus Komposition und Improvisation, drei sehr unterschiedliche Musikerpersönlichkeiten aus drei unterschiedlichen Ländern, eine lange gemeinsame Entwicklung und ein aufregendes Zusammenspiel - vielleicht ist es gerade das,  was der Musik diesen besonderen Reiz gibt.

Ein Versuch, sie zu beschreiben, muss zwangsläufig scheitern, aber wir versuchen es trotzdem. Jeder einzelne Ton/Klang scheint gleich wichtig und kostbar, und den ATOS-Stücken ist eine besondere Art von Bewegung zueigen, nie bleibt ein Stück auf der Stelle stehen, sondern es  entwickelt  sich dynamisch weiter und überrascht mit immer neuen Wendungen in Rhythmus und Klang. Das ist phantasievoller Jazz, mit verschiedenen Stimmungen, wunderbar das dynamische Laugh von Goncalo de Almeida oder das Mananianes (für die Titel verbürgen wir uns jetzt nicht) von Lukas Acuna, in der man das reine Wasser besagter Mananianes zu hören glaubte, toll das Stück von Wieland Möller (der Name des Stücks  ist uns leider entfallen),  eine zeitgenössische Komposition jedenfalls voller überraschender Klänge und Töne -  da wird auch mal die Gitarre mit dem Teelöffel gespielt, der zarte Klang einer Spieluhr mischt sich zwischen Bass und Schlagzeug, und was Wieland Möller mit seinen Stöcken, Trommeln und Becken anstellt, ist absolut spannend. Der Bass übrigens scheint ein polyklangliches Instrument zu sein, das es schafft, zwischendurch wie eine Laute oder wie ein Cello zu klingen. Und diese Gitarre! Traumhaft,  dieser zerdehnte, leicht melanscholische Sound.
Das Geniale an dieser Art von Musik ist der Gegensatz und zugleich der Zusammenklang von  rhythmischem (oft auch melodischem) Bass und Schlagzeug (gleichsam pulsierend) mit den fein gewobenen Melodien der Gitarre.  Wieland Möllers Stücke bestechen durch ihre klangliche Experimentierfreudigkeit, Lucas Acuña durch ihre träumerische Eleganz, die von und Goncalo de Almeida durch eine besondere Dynamik: und das gibt dann einen gemeinsamen Sound, der zugleich sehr fein zieseliert und voller Power ist. Passagen von großer Behutsamkeit werden gefolgt von prächtigen Ausbrüchen in Tempo und Klangfarbe – das pustet einen als ZuhörerIn dann fast vom Sitz.

Das Atos Trio webt einen Klangteppich, in den man sich einrollen lassen oder auf dem man fortgleiten kann, ganz besonders dann, wenn zum schwebenden, warmen Klang der Gitarre der Bassist zum Bogen greift und der Schlagzeuger die Becken vibrieren lässt mit einer Leichtigkeit und Zartheit, die ihresgleichen sucht: ein betörendes Zusammenspiel, das die Zeit aufzulösen scheint.
Man möchte  sich geradezu in den Klang hineinlegen, da sind wir wieder bei dem schwebenden Teppich,  der zwischendurch auch mal in einen Wirbel aus Wetter, Wind und Donner gerät – dann klingt das alles sehr wild, die Gitarre bekommt einen fast psychedelischen Klang -  und gleich darauf wieder erklingt feinste  musikalische Poesie. Wie zart sie sich die Musiker aus manchen Stücken herausspielen, das ist unerhört.
Eine Musik, die nicht nur das Ohr, sondern auch etwas berührt in einem selbst; meine Sitznachbarin legt spontan  die Hand aufs Herz, als sie versucht, die Wirkung der Musik zu beschreiben. Sehr warmer, langer Beifall am Ende des Konzerts. Nach dieser Musik, in der man sich zuhause fühlt, und die Einen doch mitnimmt hinaus und zugleich hinein in eine andere (Traum-) Welt.
(Vielleicht scheint das jetzt alles etwas übertrieben, die LeserInnen mögen das verzeihen, aber der Zauber der Musik wirkt beim Schreiben noch nach;)